Zu schön um wa(h)r(e) zu sein?
„Zu schön um wa(h)r(e) zu sein?“
Am 17.05.2017 eröffnete der AK-Gender das Semester mit einer Veranstaltung zum Thema „Zu schön um wa(h)r(e) zu sein?“. Hier fand eine kritische Auseinandersetzung des durch die Unterhaltungsmedien verbreiteten Frauenbildes statt. Relevanz erhält das Thema, da Medien als sekundäre Sozialisationsagenten an der Tradierung und Aufrechterhaltung von Stereotypen beteiligt sind. Medien konstruieren eine Wirklichkeit, in welcher gesellschaftliche Zuschreibungen an die Geschlechter entworfen werden und welche, aufgrund des durch die Medien suggerierten hohen Maßes an Authentizität, häufig unhinterfragt aufgenommen werden. Hierdurch erhalten Medien eine sozialisierende und stereotypierende Funktion. Das Frauenbild, welches über die Medien vermittelt wird, ist trotz gesellschaftlicher Veränderung eng und weitgehend unverändert geblieben.
Der Fokus der Diskussion richtete sich auf zwei Sendungen – „Germany´s Next Topmodel“ (GNTM) und „Der Bachelor“. Bei GNTM wurden die Risiken für Kinder und Jugendliche hervorgehoben, welche einer Studie des Internationales Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) zufolge mit dieser Sendung einhergehen. So stimmten 85% der Befragten, mehrheitlich von Essstörung betroffene junge Menschen, zu, dass GNTM Essstörungen verstärken könne. 2/3 gaben an, dass die Sendung einen sehr starken Einfluss auf ihren Krankheitsverlauf habe.
Nicht nur suggeriert die Sendung ein für die Mehrheit junger Menschen unerreichbares Schönheits- und vor allem Schlankheitsideal, sondern es wird außerdem eine „krankmachende Logik“ vermittelt, welcher der zu Essstörungen motivierenden Logik sehr nahekommt: so wird vorgetäuscht, dass man durch absolute Anpassung und Unterwerfung unter die durch das Sendungsformat vorgegebenen oftmals degradierenden Regeln und Zurschaustellung des eigenen Körpers Aufmerksamkeit erhält und Erfolg haben kann. Zusätzlich sei der Wert einer Frau daran zu bemessen, wie gut diese ihren Körper kontrollieren und präsentieren kann. Eigene Empfindungen sowie eine starke Persönlichkeit müssen unterdrückt werden.
Dieses durch GNTM vermittelte Frauenbild ist kritisch zu hinterfragen. Die Sendung spiegelt Frauen vor, nur dann etwas wert zu sein, wenn sie sich bedingungslos einem Schönheitsdiktat unterwerfen und auf Kommando funktionieren. Die Forderung nach totaler Anpassung an die Urteile anderer, vermittelt die fragwürdige Botschaft, dass man nur etwas erreichen kann, wenn man sich unhinterfragt der Fremdbestimmung unterwirft und die eigenen Persönlichkeit sowie damit einhergehenden Wertvorstellungen verleugnet.
Im Bachelor werden die Frauen als Ware angepriesen, die von einem Mann – dem Bachelor – begutachtet und getestet werden, bevor er sich eine der Frauen aussucht. Frauen werden in der Sendung in althergebrachte „Weibchen“- Stereotypen gepresst. Die im Bachelor vermittelten Rollenbilder sind zueinander komplementär und spiegeln das traditionelle Macht- und Statusgefälle zwischen Mann und Frau wieder.
Beide Sendungen vermitteln ein Frauenbild, das als fragwürdig und frauenfeindlich einzustufen ist: Frauen müssen schön und sexy sein, eine eigene Meinung ist eher hinderlich für den versprochenen „Erfolg“.
Abschließend wurde der inszenierende Charakter beider Sendungen hervorgehoben. Sowohl Szenen als auch die Kandidatinnen selbst und ihre Körper werden bewusst in Szene gesetzt, um Einschaltquoten nach oben zu treiben, wobei die Frauen selbst die Kontrolle über ihre eigene Inszenierung verlieren. Insgesamt geht es bei keiner der beiden Sendungen darum, einen neuen Partner/ ein neues Modell zu finden. Vielmehr soll möglichst attraktive und hochpreisige Werbefläche für die Kunden der Privatsender geschaffen werden. Problematisch ist hierbei, dass jungen Menschen häufig eine medienkritische Kompetenz fehlt, weswegen die vermittelten Inhalte unhinterfragt als real angenommen werden.
In der anschließenden Diskussion mit den Teilnehmer*innen wurden verschiedene Aspekte tiefgehender beleuchtet, wie das Thema der Kommerzialisierung und des product placement, die Gründe für hohe Einschaltquoten beider Sendungen, den Wandel des Schönheitsideals im Lauf der Zeit, sowie die Frage, welchen Stellenwert Schönheitsideale heute haben.