Programm im Sommersemester 2025: Verhandlung, Vermittlung und Verrechtlichung globaler Nachhaltigkeitsziele
Die interdisziplinäre – u.a. politikwissenschaftliche, soziologische, rechtswissenschaftliche – Normenforschung hat sich in den letzten Jahren zunehmend mit Fragen von Kontestation, Robustheit und Übersetzung von Nachhaltigkeits- und Umweltnormen zwischen unterschiedlichen Kontexten (global – national – lokal) beschäftigt. Mit der interdisziplinären Veranstaltungsreihe des Sommersemesters 2025 werden diese Debatten aufgegriffen und mit Gastvortragenden, Forscher:innen und Studierenden weitergeführt.
Die Veranstaltungsreihe ist entlang der drei zentralen Konzepte Verhandlung, Vermittlung und Verrechtlichung strukturiert:
- Verhandlung globaler Nachhaltigkeitsziele:
Am 25. September 2025 jährt sich die Verabschiedung der Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung mit den darin ausgewiesenen 17 globalen Nachhaltigkeitszielen (SDGs) zum zehnten Mal. Das bedeutet gleichzeitig, dass nur noch fünf Jahre zur Umsetzung verbleiben. Laut dem diesjährigen UN-Bericht über die Ziele für nachhaltige Entwicklung, bleiben die Fortschritte mit gerade einmal 17-prozentiger Erfüllungsquote weit hinter dem zurück, was zur Erreichung der SDGs erforderlich ist. Während auf internationaler Ebene angesichts der noch verbleibenden fünf Jahre der Agenda 2030 schon die Verhandlungen über die Zukunft der globalen Nachhaltigkeitsziele beginnen, werden auf der lokalen Ebene angesichts begrenzter Ressourcen und vielfältiger Aufgaben Nachhaltigkeitsziele abgewogen, priorisiert und umgesetzt. Ob und wie diese lokalen und globalen Verhandlungsdynamiken zusammenwirken, ist bisher eine offene (Forschungs)frage.
- Vermittlung globaler Nachhaltigkeitsziele:
Im weiteren Fokus soll die Vermittlung globaler Nachhaltigkeitsziele stehen. Inmitten vielschichtiger globaler Herausforderungen, wie dem Klimawandel, geopolitischer und wirtschaftlicher Instabilität, behaupten internationale Organisationen ihre Rolle bei der Entwicklung, Vermittlung und Verankerung von Umwelt- und Nachhaltigkeitsnormen. Sie verfügen hierfür nicht nur über ein umfangreiches Wissen, das sie ihren Mitgliedsstaaten zur Verfügung stellen. Es bleibt allerdings unklar, inwieweit dieses Wissen von Staaten, transnationalen Gruppen, Unternehmen und politischen Entscheidungsträgern genutzt wird, um ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Auch stellt sich die Frage, wie internationale Organisationen die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die sie verbreiten, auswählen. Wovon werden diese Entscheidungen geleitet, und wer beeinflusst sie?
- Verrechtlichung globaler Nachhaltigkeitsziele:
Strukturen der Ressourcenexploration und Naturaneignung werden im Namen von „Nachhaltigkeit“ und „Klimaneutralität“ vielerorts sogar noch verstärkt. Sie führen zu Rechtsverletzungen, Umweltschäden, dem Verlust der biologischen Vielfalt und sozialen Konflikten. Gerichtssäle sind Orte, an denen verschiedene Akteure Wiedergutmachung für Ungerechtigkeiten suchen, die von menschlichen und nicht-menschlichen Subjekten im Zusammenhang mit umstrittenen Regelungen Nutzung natürlicher Ressourcen erlitten werden. Gleichzeitig wird Recht zunehmend auch als Instrument für sozial-ökologische Transformation diskutiert. So soll es im Rahmen dieser Veranstaltungsreihe auch um die Verrechtlichung globaler Nachhaltigkeitsziele und die Rolle des Rechts für deren Umsetzung gehen. Denn um einen Fall vor Gericht bringen zu können, müssen die verursachten Ungerechtigkeiten artikuliert und anerkannt, die Verantwortung zugewiesen und angemessene Maßnahmen zur Wiedergutmachung festgelegt werden, was vielfältige wissenschaftliche und praktische Herausforderungen birgt.
Mit diesen Veranstaltungen wollen wir den Dynamiken der Verhandlung, Vermittlung und Verrechtlichung von Nachhaltigkeitszielen nachgehen und eine Veranstaltungsreihe für das Sommersemester 2025 anbieten, bei der wir das Thema im Spannungsfeld von Normativität und Normalität beleuchten möchten.
Folgende Veranstaltungen sind im Sommersemester 2025 angedacht:
- 07.05.2025 (14-16 Uhr c.t.) Vorstellung der Masterforschungsprojekte zum Thema „Transformation von Grenzen“
- 14.05.2025 (18-19:30 Uhr s.t.) Vortrag von Prof. Dr. Carola Klöck (Sciences Po Paris) zu „Die Rolle kleiner Inselstaaten bei der globalen Verhandlung von Nachhaltigkeit“
- 20.05.2025 (18-19:30 Uhr s.t.) Vortrag von Dr. Eva Krick (Johannes-Gutenberg-Universität Mainz) zum Thema „Umweltexpertise in Partizipationsprozessen“
- 03.07.2025 Forschungswerkstatt zu Erkenntnissen aus der Feldforschung im Bereich der sozialwissenschaftlichen Nachhaltigkeitsforschung
- 09.07.2025, tbc (18-19:30 Uhr s.t.) Debatte zwischen Dr. Ana Colomer (University of Valencia) und Prof. Dr. Isabel Feichtner (JMU, angefragt) zum Thema „Transformationsrecht und Verrechtlichung von Nachhaltigkeit“ (in englischer Sprache)
Die Veranstaltungsreihe wird unter anderem in interdisziplinärer Zusammenarbeit der Professur für Sozialwissenschaftliche Nachhaltigkeitsforschung mit der Professur für Öffentliches Recht und Wirtschaftsvölkerrecht, dem Lehrbereich der Politischen Theorie und dem Lehrstuhl für Internationale Beziehungen und Europaforschung umgesetzt.
Inhaltlich schließen die Veranstaltungen an die Debatten aus dem Sommersemester 2023 zum Thema "Transformatives Nachhaltigkeitswissen" und dem Wintersemester 2024/25 zum Thema "Nachhaltigkeit und Ethik" an.