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Menstruationsarmut

Menstruationsarmut

Zwischen fünf und 35 Euro gibt eine menstruierende Person durchschnittlich für Menstruationsprodukte im Monat aus. Besonders für Menstruierende im Alter zwischen 16 und 24 Jahren – damit in der Phase des Schulabschlusses und des Studiums – bedeutet dies eine enorme finanzielle Belastung (Plan International Deutschland e. V., 2022). Dies führt dazu, dass dem Thema Menstruationsarmut sowie dem barrierearmen und kostenlosen Zugang zu Menstruationsartikeln an der Universität Würzburg eine größere Bedeutung zukommen muss.

Täglich menstruieren bis zu 300 Millionen Menschen weltweit. Die Bewältigung des Alltags während der Menstruation erfordert nicht nur ein gegenseitiges Verständnis, Fürsorge sowie Enttabuisierung, sondern auch einen uneingeschränkten Zugang zu Möglichkeiten der Hygiene. Wichtig hierbei ist: Wird der Zugang zu Hygienemaßnahmen durch das Umfeld verwehrt oder nur eingeschränkt ermöglicht, so kann dies Infektionen in den Fortpflanzungs- sowie Harnwegen begünstigen. Nicht zu vernachlässigen ist in diesem Kontext auch, dass die sanitären Anlagen sauber und hygienisch sein müssen (Plan International Deutschland e. V., 2022; Laudien & Kesper, 2024).

Aber nicht nur der grundlegende Zugang zu sauberen sanitären Anlagen ist für menstruierende Personen wichtig, sondern auch ein kurzfristiger, barrierearmer sowie sicherer Zugang zu Menstruationsprodukten. Wird dieser verhindert, so wird von Menstruationsarmut gesprochen.

 

Was ist Menstruationsarmut?

Vor allem junge Menschen sind von Menstruationsarmut, auch Periodenarmut oder Period Poverty, betroffen: D.h. der Kauf von Periodenprodukten wie Slipeinlagen, Tampons, Binden, Menstruationstassen, Periodenunterwäsche oder Menstruationsschwämme stellt eine finanzielle Belastung dar, die kaum oder nicht bewältigt werden kann. Je nach Altersgruppe sind rund 23 bis 32 Prozent aller menstruierenden Personen von Menstruationsarmut betroffen. Allerdings werden nicht nur Hygieneartikel für die Menstruation – und oft über die Tage der Menstruation hinaus – benötigt. Rücken-, Kopf- und Unterleibsschmerzen sind häufige Begleiterscheinungen während der Periode. Hierdurch werden zusätzlich schmerzlindernde Medikamente notwendig, die privat beschafft werden müssen (Plan International Deutschland e. V., 2022).

Nicht alle können sich diese leisten.

 

Was sind Konsequenzen von Menstruationsarmut?

Menstruierende Personen sehen sich deshalb gezwungen, so wenig Menstruationsartikel wie möglich zu verwenden. In der Konsequenz werden die Produkte wesentlich länger angewendet als medizinisch empfohlen. Der Intimbereich wird damit zum Infektionsherd und damit zu einem gesundheitlichen Risiko (Frauenärzte im Netz, 2018). Zusätzlich kann es zu Blutflecken auf der Kleidung und Bettwäsche führen, wenn Slipeinlagen, Tampons oder Binden über ihre maximale Aufnahmefähigkeit an Periodenblut getragen werden. Diese Situation ist für 97% der befragten menstruierenden Personen mit großer Scham behaftet (Plan International Deutschland e. V., 2022).

Tampons sollten etwa fünf bis sechs Stunden, jedoch nicht länger als acht Stunden getragen werden. Ähnliches gilt auch für Slipeinlagen und Binden. Die Anwendungszeit von Menstruationstassen oder Menstruationsschwämmen ist zwar deutlich länger, allerdings ist aufgrund der notwendigen Zwischenreinigung eine besonders saubere Umgebung erforderlich (Leitner, 2023).

Nicht zu vergessen sind auch die möglicherweise aufkommenden Schmerzen. Diese müssen bei Menstruationsarmut häufiger ausgehalten werden, anstatt sie mit Medikamenten zu lindern.

Das Wohlbefinden der menstruierenden Personen wird durch derartige Situationen zusätzlich beeinträchtigt.

 

Welche Rolle nimmt das universitäre Umfeld ein?

Menstruationsarmut trägt zusammen mit Menstruationsbeschwerden wie Schmerzen, Müdigkeit und Stimmungsschwankungen zu einer deutlichen Benachteiligung im (Universitäts-)Alltag von menstruierenden Personen bei. In einigen Fällen ist das Eintreten der Menstruation nicht kalkulierbar. Ist dann der Zugang zu Hygieneartikeln nicht möglich, wird unter anderem ein vorzeitiges Verlassen der universitären Veranstaltungen notwendig. In anderen Fällen sehen sich menstruierende Personen auch gezwungen, zu Hause zu bleiben, da sie sonst unhygienische und/oder schlecht ausgestattete Toiletten benutzen müssen (Plan International Deutschland e. V., 2022).

Was folgt, sind niedrigere Bildungschancen und gesundheitliche Konsequenzen.

An der Universität Würzburg betrifft dies bis zu 16.100 weiblich gelesene Studentinnen (Universität Würzburg, 2024).

Daher kommt Universitäten eine entscheidende Rolle bei der Reduzierung von Menstruationsarmut zu: Ein nachhaltiges Menstrual Health Management (Hillen & Koheck, 2022; Munro, Hunter, Hossain & Keep, 2021) sollte im generellen Interesse der Universitäten sein. Die Universität sollte zum Ziel haben chancengleiche Lern- und Arbeitsbedingungen im universitären Umfeld herzustellen (Universität Würzburg, 2021). Zudem fördert die Thematisierung der Menstruation auch die Enttabuisierung innerhalb des studentischen Umfelds und darüber hinaus.

 

Welche Lösungen gibt es?

Die Belastungen durch Menstruationsarmut können durch den Einsatz universitärer Maßnahmen gemildert werden. Im Sinne des Menstrual Health Managements kann der Zugang zu Menstruationsartikeln erleichtert werden, indem etwa Periodenproduktspender in den Toilettenanlagen installiert werden.

Einige Hochschulen in Deutschland (u.a. Bonn-Rhein-Sieg, Bayreuth, Bielefeld, Marburg, Magdeburg, Trier, Erfurt, Heidelberg, Ilmenau, Potsdam, Stuttgart, Halle-Wittenberg, Göttingen, Osnabrück, Lüneburg, Vechta, Kiel, Passau, Gießen, Bamberg, Coburg, Jena, Hamburg) haben bereits erfolgreiche Maßnahmen zur Reduktion von Menstruationsarmut etabliert und das mit sehr gutem Erfolg: Eine Umfrage der Universität Bonn ergab, dass mehr als die Hälfte aller Befragten das Angebot der kostenfreien Menstruationsprodukte nutzt oder nutzen möchte. Zwei Drittel aller Befragten haben durch das Angebot weniger Sorgen vor der Periode, gleichzeitig stellt sich ein höheres Wohlbefinden bei der Hälfte der Befragten ein. Insgesamt wird das Angebot als sehr positiver Einfluss wahrgenommen (Andraczek, 2022).

Die Fachschaftsvertretung Fakultät für Humanwissenschaften an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg wirkt der Menstruationsarmut entgegen und stellt durch Eigenfinanzierung nun einen Spender mit kostenlosen Menstruationsprodukten am Wittelsbacherplatz (am Raum 03.223) für alle menstruierenden Personen zur Verfügung.

 

Quellen:

(1) Plan International Deutschland e. V. (2022): Menstruation im Fokus. Erfahrungen von Mädchen und Frauen in Deutschland und Weltweit. Online verfügbar unter https://www.plan.de/fileadmin/website/04._Aktuelles/Kampagnen_und_Aktionen/Menstruationsumfrage/Plan-Umfrage_Menstruation-A4-2022_final.pdf?sc=IDQ25100. Zuletzt geprüft am 08.01.2025.

(2) Laudien, Y.; Kesper, K. (2024): 4 Mythen und 4 Fakten über die Menstruation. Online verfügbar unter: https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/blog/-/menstruation-maedchen-und-frauen-vier-mythen-und-fakten/273812. Zuletzt geprüft am 08.01.2025.

(3) Frauenärzte im Netz (2018): Toxisches Schocksyndrom: Risiken durch Tampon-Verwendung äußert gering. Online verfügbar unter: https://www.frauenaerzte-im-netz.de/aktuelles/meldung/toxisches-schocksyndrom-risiken-durch-tampon-verwendung-aeusserst-gering/. Zuletzt geprüft am 08.01.2025.

(4) Leitner, A. (2023): Periodenprodukte. Online verfügbar unter https://www.netdoktor.de/physiologie/menstruationszyklus/periodenprodukte/#:~:text=Mediziner%20und%20Medizinerinnen%20empfehlen%2C%20den%20Tampon%20nach%20maximal,gr%C3%B6%C3%9Fer%20ist%20die%20Gefahr%2C%20dass%20das%20Blut%20ausl%C3%A4uft. Zuletzt geprüft am 08.01.2025.

(5) Universität Würzburg (2024): Zahlen und Fakten zur JMU. Stand: 02.12.2024. Online verfügbar unter: https://www.uni-wuerzburg.de/universitaet/zahlen/. Zuletzt geprüft am 08.01.2025.

(6) Hillen, B.; Koheck, N. (2022): Studieren und Menstruieren - geschlechtergerechterer (Hoch-)schulalltag durch kostenlose Menstruationshygieneartikel. Journal Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW, Nr. 50/2022.

(7) Munro, A. K.; Hunter, E. C.; Hossain, S.Z.; Keep, M. (2021): A systematic review of the menstrual experiences of university students and the impacts on their education: A global perspective. PLOS ONE 16(9). https://doi.org/10.1371/journal.pone.0257333

(8) Universität Würzburg (2021): Konzept der Julius-Maximilians-Universität Würzburg zur Gleichstellung der Geschlechter in Studium, Lehre, Forschung und akademischer Selbstverwaltung (2021-2025). Online verfügbar unter: https://www.uni-wuerzburg.de/fileadmin/uniwue/Hochschulleitung/30Gleichstellungskonzept-2021.pdf. Zuletzt geprüft am 08.01.2025.

(9) Andraczek, J. (AStA der Universität Bonn) (2022): Kostenlose Menstruationsprodukte in der Uni. Online verfügbar unter: https://www.chancengerechtigkeit.uni-bonn.de/de/medien/medien-menstruationsseite/umfrageergebnisse_menstruationsprodukte_07_2022.pdf. Zuletzt geprüft am 08.01.2025.