16.06.2024: Forschungskolloquium
Forschungskolloquium am 16.06.2024 zum Thema: Das Konfliktfeld der lokalen Klimapolitik
Am Mittwoch, den 26.06.2024 fanden im Rahmen des Forschungskolloquiums zum Thema „Das Konfliktfeld der lokalen Klimapolitik“ des Forum Nachhaltigkeit zwei interessante Werkstattgespräche statt, in denen aktuelle Forschungsergebnisse vorgestellt und anschließend diskutiert wurden.
Den Auftakt machte Dr. Elisa Kochskämper vom Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung, die unter dem Titel „Kommunale Wärmeplanung: potentielle Konflikte für die zukünftige Umsetzung“ von ihrer Mitarbeit im Projekt „Decarb City Pipes 2050“ berichtete. Dieses untersuchte die Pläne der europäischen Städte Bilbao, Bratislava, Dublin, München, Rotterdam, Wien und Winterthur für die Dekarbonisierung der Wärme- und Kälteversorgung von Wohngebäuden bis 2050.
Aus der Analyse von 55 Expert*inneninterviews, partizipativen Beobachtungen, City Reports und Transition Roadmaps lassen sich urbane Transformationspfade in den sieben Städten ableiten: Während der Endenergiebedarf für Heizen in Zukunft sinken wird, wird ein Anstieg im Bereich Kühlung prognostiziert. In Summe bleibt der Energieverbrauch damit unverändert, weshalb ein Wechsel der Energiequellen von großer Bedeutung ist. Derzeit folgen die Dekarbonisierungspfade der sieben Städte dem Ausbau von Hochtemperatur-Wärmenetzen und der Nutzung von Hochtemperatur-Abwärmequellen oder erneuerbarem Strom. Lokale Niedrigtemperatur-Abwärmequellen stehen dagegen bisher nicht im Fokus. Die Studie zeigte außerdem, dass städtische Transformationspfade zum Teil im Konflikt mit Aspekten wie Energieeffizienz oder Nachhaltigkeitszielen stehen können.
Diese Ergebnisse spiegeln allgemeinere Trends in der kommunalen Klimapolitik hinsichtlich der Transformationsfähigkeit von Städten und Gemeinden hin zur Klimaneutralität wider. Neben bestehenden Pfadabhängigkeiten ist ein pragmatischer Inkrementalismus zu beobachten. Obwohl auf kommunaler Ebene bereits politische Instrumente eingesetzt werden, sind die Kommunen maßgeblich auf die Bereitstellung finanzieller Unterstützung durch die regionale, nationale und europäische Ebene angewiesen.
Anschließend schilderte Dr. Iris Reus von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg ihre Erfahrungen aus dem Forschungsprojekt „Erfolg Klima Go! - Erfolgsfaktoren für regionale Klima-Governance in Sachsen-Anhalt“, welches eine Untersuchung der Klimapolitik der Landkreise und Gemeinden des Bundeslandes anstrebt. Im Zentrum ihres Vortrages standen die Konflikte und Herausforderungen bei der Datenerhebung und -analyse in der lokalen Klimapolitikforschung.
Als bisherige Herausforderungen ihrer Arbeit erweisen sich nicht nur der Mangel an geeigneten theoretischen Konzepten, sondern insbesondere der Zugang zu empirischen Daten. So berichtete Dr. Iris Reus beispielsweise von der Schwierigkeit diejenigen Akteure zu identifizieren, die für den kommunalen Klimaschutz zuständig sind. Außerdem seien auf den Websites der Kommunen oftmals keine verlässlichen Informationen zu finden, wobei die Menge an verfügbaren Informationen und die Intensität der Öffentlichkeitskommunikation stark zwischen den Kommunen variieren. Darüber hinaus sei der Zugriff auf diverse Datenquellen wie amtliche Dokumente, Fördermittelverteilungen, Pressemitteilungen oder regionale Zeitungsartikel aufgrund der lückenhaften Datenlage, einer niedrigen Digitalisierungsrate und fehlenden Zugangsmöglichkeit nur mit starken Einschränkungen möglich. Aufgrund dieser Herausforderungen fokussiert sich die geplante vergleichende Analyse der Landkreise und Gemeinden in Sachsen-Anhalt auf eine systematische Auswertung von Strategiedokumenten, Amtsblättern, Haushaltsplänen, Interviews mit Klimamanager*innen sowie den jeweiligen Websites der Kommunen.
Beide Vorträge gaben interessante Einblicke in die vielfältigen Herausforderungen, die bei der Erforschung der kommunalen Ebene auftreten können. Deutlich wurde auch, dass es bislang an theoretischen Konzepten und Modellen mangelt, die für Analysen im Bericht der lokalen und regionalen Klimapolitik herangezogen werden können. Diese Aspekte eröffnen ein großes Potenzial für zukünftige Forschungsarbeiten.